Heraklit und das Werden
Heraklit lebte von 520-460 v.Chr. in Ephesos, nicht weit von Milet entfernt und war Zeitgenosse des Parmenides. Die Hauptlehren des Heraklit kann man wohl wie folgt zusammenfassen[1]:
Logos hat im Griechischen die Grundbedeutung „Sagen, Reden, Wort, Erzählung“, kann aber auch mit „Grund, Erklärung, Argument, Maß, Relation, Gesetz oder Vernunft“ übersetzt werden. Was immer Heraklit genau unter dem Logos verstanden hat, er fasst ihn wohl als ein allgemeines, objektives Prinzip auf, eine Art Gesetz, dem gemäß alles in der Welt geschieht. Es ist aber auch ein aktives Prinzip, das alle Prozesse auf der Welt steuert und lenkt. Heraklit scheint den Logos einerseits mit einem göttlichen Feuer zu identifizieren, andererseits könne jeder den Logos mittels seiner Vernunft erkennen.
Heraklit kritisiert, dass die meisten Menschen, immer nur die Gegensätze für sich alleine nehmen und für jeweils unabhängig voneinander halten. Heraklit jedoch sagt, dass alles eins ist; insbesondere sind alle Gegensätze eins. Heraklit gibt eine Reihe von sehr unterschiedlichen Beispielen für die Einheit von Gegenätze. So ist etwas a) warm oder b) kalt – je nach wahrnehmenden Menschen; der Gegenstand ist aber immer derselbe, so dass das Gegensatzpaar Warm-Kalt miteinander eine Einheit bilden. Oder ein Weg führt a) hinauf und b) hinab – je nachdem in welche Richtung man geht; es ist aber immer derselbe Weg, der das Gegensatzpaar Hinauf – Hinab in sich vereint. Das letztendliche einheitliche Substrat der verschiedensten Gegensätze ist nach Heraklit Gott selbst. Mit seiner Lehre von der Einheit der Gegensätze gilt Heraklit als Begründer der Dialektik im Sinne Hegels.
Nach Heraklit sind die Gegensätze in einem beständigen Kampf und Streit miteinander verwickelt: „Der Krieg ist von allem der Vater, von allem der König. Denn die einen erweist er als Götter, die anderen als Menschen, die einen macht er zu Sklaven, die anderen zu Freien.“ Der Krieg wird zum zentralen kosmischen Prinzip, das neben dem universellen Wechsel und Kampf der Gegensätze den Streit der verschiedenen Kräfte umfasst. Der Krieg regiert das Weltgeschehen. Insofern der Krieg allgemeines göttliches Gesetz allen Werdens und Geschehens ist, ist er identisch mit Gerechtigkeit. So gibt es einen kontinuierlichen Wechsel von Gegensätzen, im Bereich der Natur, der zwischenmenschlichen Beziehungen, der Lebewesen und der Wirklichkeit überhaupt.
Heraklit glaubt daran, dass die Welt periodisch aus dem Feuer hervorgeht, dann ausbrennt und sich schließlich wieder in Feuer auflöst (Weltenbrand). Die Welt wird somit als eine prozesshafte, dynamische Ordnung aufgefasst; sie besteht aus Elementen und Gegensätzen, die ständig ineinander übergehen. Wobei es ein beständiges Substrat und ein gleichbleibendes Gesetz (Logos) bei diesem Wandel gibt.
Mein Fazit ist: Heraklit versucht die Welt zu erklären, ohne auf Mythen oder anthropomorphe Götter zurückzugreifen. Soweit erkennbar gibt es aber bei Heraklit keinen Ansatz, seine Ansichten rational-logisch zu beweisen oder empirisch zu belegen. Von Heraklit sind auch keine mathematischen Arbeiten bekannt. Es scheint so zu sein, dass er für seine Lehren den Anspruch erhob, unumstößliche Wahrheiten zu sein (Abs). Ferner scheint er einen mentalen Akt, den Nous, anzunehmen, der einen direkten Zugang zur Wahrheit erlaubt (mtAkt). Letztlich ist die Quellenlage aber zu spärlich, um hier eine klare und eindeutige Zuordnung vornehmen zu können.
[1] Siehe Rapp [46], S. 61 ff. oder Knoll [35].
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