Beispiele für rational-logische Beweisführungen bei Platon

Insgesamt sind Platons Schriften voll mit logisch-rationalen Beweisführungen.

Ich denke, dass Platon ohne Zweifel den Anspruch hatte, dass seine Argumentationen tatsächlich stringent sind und zu unumstößlichen Wahrheiten führen sollten.  Wenn wir heute seine Schlüsse studieren, dann können wir sie zum Teil schwer nachvollziehen, geschweige denn, dass wir sie für unwiderlegbar halten. Recht betrachtet, kommen sie uns oft sogar sehr wackelig vor.

Nachfolgend ein paar Beispiele, die ich in eigenen Worten zusammengefasst habe:

(1)

Behauptung: Wenn eine Person A einen Rat bezüglich der Tugend gibt, wie sie jemand anderes am besten erwerben und besser machen kann, dann muss A wissen, was die Tugend ist. (Laches, 190 a)

Beweis durch Analogie: Wenn eine Person A weiß, wie ein Auge das Sehen erwerben kann und so das Auge besser macht, dann muss A auch wissen, was das Sehen selbst ist. Denn wüsste er es nicht, wie könnte er über etwas, das er nicht weiß, einen kompetenten Rat geben. Anders formuliert: Nur derjenige kann Augen heilen, der ein fachkundiger Arzt ist. Entsprechend kann nur derjenige einen Rat geben, wie man durch Tugend besser wird, der ein fachkundiges Wissen bezüglich Tugenden hat.

(2)

Behauptung: Die menschliche Seele hat vor der Geburt bereits existiert. (Menon, 81d)

Beweis durch Widerspruch: Annahme die Seele hat vor der Geburt nicht existiert. Nun können wir z.B. fragen: Was ist Tugend? Das heißt, wir suchen etwas, was wir nicht wissen.

Ein Mensch kann aber unmöglich etwas suchen, was er weiß, noch was er nicht weiß.

Denn: Annahme, jemand sucht etwas, was er weiß. Dann muss er es ja nicht suchen, da er es schon weiß. Annahme, jemand sucht etwas, was er nicht weiß. Dann weiß er ja auch nicht was er suchen soll. Das ist Widerspruch.

Also muss die Seele bereits vor der Geburt ein Wissen z.B. von der Tugend gehabt haben, die sie nur mit der Geburt vergessen hat. Lernen, was Tugend ist, ist somit nur Wiedererinnerung eines vorgeburtlichen Wissens.

(3)

Behauptung: Gott kann nicht die Ursache des Schlechten sein. (Politeia, 379a-b)

Beweis: Gott ist gut. Nichts was zum Guten gehört, kann schlecht sein. Also kann Gott nichts Schlechtes tun.

(4)

Behauptung: Um Krieger tapfer zu erziehen, darf man den Tod nicht schrecklich darstellen. (Pol, 396a)

Beweis: Stellt man den Tod schrecklich dar, dann fürchten Krieger den Tod. Dann werden sie aber nicht tapfer handeln können, sondern in gefährlichen Situationen aus Furcht vor dem Tod lieber Niederlage oder Knechtschaft wählen als im Kampf zu sterben.

Insgesamt entwirft Platon in der Politeia einen idealen Staat ausschließlich auf der Grundlage von rational-logischen Schlüssen. Dabei erinnert die Methode in der Politeia, die Gerechtigkeit im als Tugend eines Menschen erkennen zu wollen mittels einer Untersuchung im größeren Maßstab, d.h. der Polis, an den Strahlensatz der Mathematik.

Auch die Mathematik selbst siedelt Platon in diesen Bereich des logisch-rationalen Argumentierens an[1]. Die mathematische Beweisführung ist zwar in sich schlüssig und stringent, aber nach Platon ist sie nur eine Art Spiegel oder Abbild dessen, was wirklich ist: der Ideen.

[1] Politeia, 510c-511a.

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