Augustinus und der christliche Glaube
Augustinus (354-430) ist einer der wichtigsten christlichen Philosophen der Spätantike. Von ihm gibt es viele Schriften, seine Hauptwerke sind die Bekenntnisse, sowie Vom Gottesstaat.
In den Bekenntnissen schreibt er im Zehnten Buch:
„So ist es denn nicht ausgemacht, dass alle glückselig sein wollen? […] Ich frage alle, ob sie lieber an der Wahrheit oder an der Lüge ihre Freude haben wollen: so unbedenklich sagen sie, dass ihnen die Wahrheit lieber sei […] Denn die Freude an der Wahrheit ist Seliges Leben. Und das ist Freude, Gott, an Dir, ‚der Du die Wahrheit bist‘, ‚meine Erleuchtung, Heil meines Angesichts, mein Gott‘. Dieses Selige Leben wollen alle, dieses Leben, das allein das selige ist, das wollen alle, Freude an der Wahrheit wollen alle. […]
Spät habe ich Dich geliebt, Du Schönheit, ewig alt und ewig neu, spät habe ich Dich geliebt. Und siehe, Du warst innen und ich war draußen […] Du warst bei mir, ich war nicht bei Dir […] Du hast geblitzt, geleuchtet und meine Blindheit verscheucht […] Du hast mich berührt, und ich brenne nach dem Frieden in Dir.
Wenn ich erst mit meinem ganzen Wesen Dir anhänge, dann wird nirgend Schmerz mir sein und Mühe, und mein Leben, ganz voll von Dir, wird erst lebendiges Leben sein. Wen du erfüllst, den richtest du auf.“
Im Zentrum seiner Philosophie steht also sein christlicher Glaube. So ist es auch kein Zufall, dass man in seinen Werken immer wieder Gebete und Lobpreisungen Gottes findet, sowie viel Autobiografisches, worin er seinen Weg zum Christentum beschreibt.
Nach Augustin kann der Mensch nur im christlichen Glauben seinen Frieden, sowie seine Glückseligkeit finden; und alleine im christlichen Glauben (mtAkt) ist die absolute, unumstößliche Wahrheit erfahrbar (Abs). Ähnlich wie Plotin kennt Augustinus einen Aufstieg vom Niederen-Sinnlichen zum Höheren-Geistigen. Dementsprechend fordert auch er, dass sich der Mensch vom Sinnlichen, seinen Trieben und Begierden abwenden sollte (antiEmp). In seiner Schrift De Animate Quantitate beschreibt Augustin ein Aufstiegsmodell in sieben Stufen. In Analogie zu Plotin kennt Augustinus auch eine mystische Gottesschau. Er selbst schildert im neunten Buch der Bekenntnisse seine berühmte „Vision von Ostia“. Im Unterschied zu den Neuplatonikern meint er aber nicht, dass man eine solche Gottesschau alleine durch eigenes Bemühen erlangen könnte, wesentlich sei hierbei auch die Hilfe und Gnade Gottes.
Obwohl es bei Augustin also auch eine mystische Gottesschau gibt, spielt sie bei ihm – im Gegensatz zu Plotin – eine eher untergeordnete Rolle. Viel wichtiger sind ihm die Glaubensinhalte des Christentums, die Augustin logisch-rational zu begründen versucht. Ganz im Stil der antiken Philosophen diskutiert er unter anderem:
- die Dreieinigkeit Gottes
- die Schöpfungslehre
- die Auferstehung des Leibes
- Theodizee oder warum es Böses in der Welt gibt trotz der Allmacht und der Güte Gottes
- Erbsünde und freie Willensentscheidung
Aber all das rationale Argumentieren hat nur im christlichen Glauben eine sichere Grundlage. Ohne den Glauben hält er philosophische Beweisführungen für nutzlos und sogar für schädlich. So beschreibt Augustin im vierten Buch der Bekenntnisse, wie er sich mit den Kategorienlehre des Aristoteles beschäftigt hat, und setzt fort:
„Was half mir dies? Geschadet hat es mir. Denn da ich vermeinte, es ließe sich unter jene zehn Kategorien alles Seiende überhaupt befassen, so versuchte ich, auch Dich, mein Gott, der Du unbegreiflich einfach und wandellos bist, so zu denken, als ob Du der Träger Deiner Größe oder Schönheit wärst […]“.
Ferner schreibt er:
„Was alles ich von der Kunst der Rede und Auseinandersetzung, von Geometrie und Musik und Arithmetik […] erfasste […] Doch habe ich Dir kein Opfer davon gebracht. So war es mir nicht zum Nutzen, mehr zum Verderben […]”
Und im fünften Buch:
„Unselig doch der Mensch, der all das weiß, aber Dich nicht kennt; glückselig aber, wer Dich kennt, wenn er auch von all dem nichts weiß. Wer aber Dich kennt und zugleich all das weiß, ist glückseliger nicht ob solchen Wissens, sonder allein durch das Verhältnis zu Dir ist er selig, wenn er, Dich erkennend, Dich auch als den, der Du bist, verherrlicht und Dir Dank sagt und nicht ‚nichtig wird in seinen Gedanken‘.“
Im sechsten Buch:
„Und also, in der Erkenntnis, dass unsere Kraft nicht ausreicht, auf dem Wege der schließenden Vernunft die Wahrheit zu finden, und dass uns aus diesem Grunde die Autorität heiliger Schriften vonnöten sei, begann ich schon zu glauben.“
Letztlich ist für Augustin das logisch-rationale Beweisen unwichtig, um zur Erkenntnis der absoluten Wahrheit zu gelangen, dafür genügt ihm alleine der Glaube.
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