Das Prinzip von d’Alembert

D‘Alembert (1717-1783) führt in seinem Traité de Dynamique (1743) die Mechanik auf ein neues zentrales Prinzip zurück, das es erlaubt die Bewegungsgleichungen eines mechanischen Systems mit Zwangsbedingungen aufzustellen.

Ein mechanisches Problem wird gelöst, indem man diese Differentialgleichungen löst. In diesem Zusammenhang hat er auch erstmals den Gegenstand der Mechanik in der heute üblichen Form definiert:

„Es ist ein System von Körpern gegeben, die miteinander irgendwie verbunden sind; wir nehmen an, dass jedem Körper eine bestimmte Bewegung eingeprägt wird, der er infolge der Bindungen mit den anderen Körpern nicht folgen kann: Man sucht die Bewegung, die jeder Körper annehmen muss.“[1]

Genaugenommen meint d’Alembert ein System von Massepunkten.

Interessant ist, dass er vermeidet von „Kräften“ zu sprechen, da er dies für eine metaphysische Sprechweise hält. Stattdessen versucht er, sich alleine daran zu halten, was tatsächlich beobachtbar ist, so dass d’Alembert auch als der „erste Positivist“ bezeichnet worden ist. Mit dieser Vorsicht war er aber definitiv ein Außenseiter. Die allermeisten Physiker im 18. Und 19. Jahrhundert hielten es für unbedenklich, von „Kräften“ und „Ursachen“ zu sprechen.

Trotz seiner empiristischen Grundhaltung schreibt auch d‘Alembert der Mechanik eine ähnlich hohe Gewissheit wie der Mathematik zu. So schreibt er in der Einleitung zur Enzyklopädie[2]:

„Nur die Algebra, die Geometrie und die Mechanik […] kann man, genaugenommen, als beglaubigt und bewiesen anerkennen.“

Im 18. Jahrhundert gab es einige Vorschläge für verschiedene mathematische Prinzipien, woraus die gesamte, bisher bekannte Mechanik herleitbar sein soll. Pulte spricht von einer „Prinzipieninflation“[3]. Hier eine Auswahl:

  • 1744: das Prinzip der kleinsten Wirkung von Maupertuis.
  • 1747: d’Arcys Prinzip.
  • 1751: Königs Prinzip.
  • 1752: Eulers neues fundamentales Prinzip, was eine dreidimensionale Version von F=ma ist.
  • 1764: das Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten von Lagrange.

Wie die analytische Mechanik insgesamt hatten diese Prinzipien inzwischen eine Gestalt, die man nur mit guter mathematischer Vorbildung verstehen konnte. Ihre Stärke besteht darin, dass man die gesamte mathematische Mechanik auf ein paar wenige Prinzipien gründen kann, die ganze Theorie ist daraus herleitbar. Die Kehrseite jedoch ist, dass solche Prinzipien nicht mehr evident sind, ein mathematischer Laie, wie gesagt, versteht sie nicht.

[1] Zitiert nach Simonyi, Kulturgeschichte der Physik, S. 302

[2] D’Alembert, Einleitung zur Enzyklopädie, S. 24.

[3] Pulte, Axiomatik und Empirie, S. 151.

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