Johannes Kepler
Johannes Kepler (1571-1630) war ein deutscher Mathematiker, Astronom und Naturphilosoph. Er war wohl das naturwissenschaftliche Genie vor Newton, eigentlich bedeutender als Kopernikus und Galilei.
Ja, Kopernikus hatte die damals revolutionäre Idee, die Sonne ins Zentrum des Kosmos zu stellen, aber erst nachdem Kepler die Planetenbahnen als Ellipsen auffasste, hatte das heliozentrische Weltbild eine realistische Chance, sich gegen das ptolemäische System durchzusetzen. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass seine mathematischen und physikalischen Kenntnisse um einiges umfangreicher waren als die Galileis. Beispielsweise hatte sich Galilei wohl nie mit den Kegelschnitten des Apollonius oder der euklidischen Optik beschäftigt, wohl aber Kepler.
Bei Kepler laufen auf merkwürdige Weise mathematische Naturwissenschaft und mystisch Theologisches zusammen. Wie damals üblich war er als Astronom zugleich auch Astrologe. Sein Leben lang erstellte er Horoskope, unter anderem für Wallenstein und Kaiser Rudolf II. Wenn man bei einem Wissenschaftler der frühen Neuzeit von Mathematisierung der Natur sprechen kann, dann bei Kepler. Er vertrat eine pythagoreisch-platonische Weltanschauung und glaubte, dass mystische mathematische Strukturen die Welt zusammenhalten. De Padova schreibt in Das Weltgeheimnis[1]:
„Keplers gesamtes wissenschaftliches Schaffen beruht auf der Überzeugung, dass Gott die Welt nach einem geometrischen Modell entworfen hat und dass die menschliche Vernunft dazu imstande ist, dieses zu erkennen. Nachdem er sein theologisches Studium nicht hat zu Ende führen dürfen, wird die Suche nach einer harmonischen Beschreibung des Kosmos für ihn zu einer Art Gottesdienst […]“
Natürlich glaubten auch Aristoteles und die aristotelischen Naturphilosophen an einen wohlgeordneten Kosmos, und hielten die Gesetze des Himmelgeschehens für einsichtig. In dem Punkt unterscheidet sich Kepler nicht. Wohl aber darin, dass er die innere Struktur des Kosmos als mathematisch auffasste, was wiederum die Aristoteliker ablehnten.
Das sieht man besonders gut bei seinem Erstlingswerk Mysterium Cosmographicum von 1596. Simonyi schreibt dazu[2]:
„Der Grundgedanke […] ist, dass Gott in der Schöpfung bei der Festlegung der Planetenbahnen die fünf platonischen regelmäßigen Körper vor Augen gehabt hat. […] Die fünf regelmäßigen Körper sind in der folgenden Reihenfolge um die Sonne herum angeordnet: Die Sonne wird von einem Oktaeder umschlossen, dann folgen Ikosaeder, Dodekaeder, Tetraeder und schließlich das Hexaeder (Würfel). Die so ineinandergestellten regelmäßigen Körper legen die aufeinanderfolgenden Planetenbahnen fest. […] Es ist überraschend, dass dieses Modell in guter Näherung die Relationen zwischen den mittleren Sonnenentfernungen der Planeten wiedergibt. […]“
Und Dijksterhuis kommentiert[3]:
„Man braucht nicht lange zu fragen, in welcher geistigen Sphäre wir uns hier befinden. Die Überzeugung von einer mathematisch beschreibbaren Struktur der Welt, theologisch formuliert als Glaube, dass Gott sich bei der Schöpfung der Welt durch mathematische Überzeugungen hat leiten lassen, die unerschütterliche Sicherheit, dass Einfachheit zugleich ein Zeichen von Wahrheit ist und dass das mathematisch Einfache mit dem Harmonisch-Ästhetischen zusammenfällt, und endlich die Benutzung der Tatsache, dass es gerade fünf Polyeder gibt, die den höchsten Forderungen an Regelmäßigkeit genügen und die also notwendigerweise etwas mit der wahren Weltstruktur zu tun haben müssen, alles das sind unverkennbare Symptome der pythagoreische-platonischen Weltanschauung, die sich hier als so lebendig wie je erweist.“
Offenbar sah Kepler die mathematische Struktur der ineinander geschachtelten Polyeder als dem Kosmos wesentlich und immanent an. Diese Auffassung hat Kepler sein Leben lang beibehalten. Für ihn war die Welt ihrem innersten Wesenskern nach mathematisch. Der Wissenschaftler hatte die Aufgabe, die innerste Mathematik der Natur aufzudecken. Wenn ihm, Kepler, dies gelang, dann war das für ihn mit ekstatisch-mystischen Glücksgefühlen verbunden. In einem Brief vom 10. Februar 1605 an Herwart von Hohenburg schreibt Kepler beispielsweise:
„Mein Ziel […] ist es zu zeigen, dass die himmlische Maschine nicht eine Art göttlichen Lebewesens ist, sondern gleichsam ein Uhrwerk (wer glaubt, dass die Uhr beseelt ist, der überträgt die Ehre des Meisters auf das Werk), insofern darin nahezu alle die mannigfaltigen Bewegungen von einer einzigen ganz einfachen magnetischen Kraft besorgt werden, wie bei einem Uhrwerk alle die Bewegungen von dem so einfachen Gewicht. Und zwar zeige ich auch, wie diese physikalische Vorstellung rechnerisch und geometrisch darzustellen ist […].“
In demselben Brief vergleicht Kepler übrigens auch den menschlichen Körper mit einer gut konstruierten Maschine.
Nachdem sich Brahe mit seinem königlichen Gönner, dem dänischen König Friedrich II., verstritten hatte, kam er an den kaiserlichen Hof von Rudolf II. in Prag. Als Hofastronom war er vor allem auch Astrologe und musste Horoskope erstellen. Daneben konnte er seine wissenschaftlichen Arbeiten weiterverfolgen. Eine der glücklichen Fügung der Wissenschaftsgeschichte ist, dass Kepler um 1600 sein Assistent wurde. Denn 1601 verstarb Brahe und Kepler wurde sein Nachfolger am kaiserlichen Hof. Vor allem bekam er weitestgehend alleinigen Zugang zu dem unermesslichen Datenschatz Brahes. So trafen mathematisches Genie auf systematisch angesammelte und sehr genaue Messdaten aufeinander.
Keplers offizielle Hauptaufgabe als kaiserlicher Astronom bestand darin, die sogenannten Rudolfinischen Tafeln zu erarbeiten und zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich um eine Ansammlung von Tabellen und Rechenvorschriften, die der Vorhersage von Planetenpositionen, sowie der Berechnung von Finsternissen, Osterfestdaten und Horoskopkonstellationen dienen sollen. Bis dahin verwendeten die Astronomen die sogenannten Alfonsinischen Tabellen aus dem 13. Jahrhundert. Dank Brahes Datenmaterial war von den Rudolfinischen Tafeln zu erwarten, dass sie deutlich genauer sind. Kepler war damit erst 1627 fertig.
Inoffiziell sah er seine wichtigste Aufgabe darin, in das riesige Datenmaterial Brahes eine mathematische Ordnung hineinzubringen. In jahrelanger Arbeit entwarf er zunächst Modelle, die sich an den traditionellen Verfahren orientierten, an Epizyklen, exzentrischen Bewegungen und Ausgleichsbewegungen. Charakteristisch für ihn war, dass er den Anspruch hatte, dass seine theoretischen Modelle so gut wie möglich mit Brahes Messdaten übereinstimmen sollten. Sein mathematisches Genie besteht darin, dass er schließlich die altehrwürdigen Pfade verließ, die Kreise und die gleichförmige Bewegung aufgab, und stattdessen erkannte, dass die Planetenbahnen Ellipsen um die Sonne beschreiben mit abwechselnd beschleunigenden und abbremsenden Bewegungen. Dann wurde mit einem Schlag alles passend. Über seinen mühsamen Weg zur Lösung schreibt der Wissenschaftshistoriker Simonyi[4]:
„Wir möchten betonen, dass die Aufgabe wesentlich schwerer zu lösen ist, als die, im ptolemäischen System die scheinbare Bewegung der Planeten zu bestimmen, da [hierbei] nur die Winkelkoordinaten der Planeten von Interesse sind. Jetzt aber haben wir es mit einer räumlichen Planetenbahn zu tun, bei der nicht nur die Winkelkoordinaten […] sondern auch die Entfernungen von der Erde und von der Sonne von Interesse sind. Gleichzeitig dürfen wir auch nicht vergessen, dass die Messungen […] von der Erde aus durchgeführt worden sind, deren Bahn und deren Bewegung längs der Bahn auch noch nicht bekannt war.“
Im Jahre 1609 veröffentlicht er seine Ergebnisse in dem Buch Astronomia Nova, worin der das heute sogenannte erste und zweite Keplersche Gesetz beschrieb. Dieses Werk ist sehr umfangreich und teilweise schwer lesbar, weil es mit dem Nachweis beginnt, dass die drei bisherigen Systeme, das ptolemäische, das kopernikanische und Brahes System, gleichwertig sind. Jedenfalls liefert keines von ihnen wesentlich bessere Prognosen. Anschließend schildert Kepler wie er auf sein System gekommen ist mit all seinen Irrungen und Wirrungen. Keplers neue Theorie der elliptischen Planetenbahnen ist deswegen so großartig, weil sie erstens mathematisch sehr leicht handhabbar ist und zweitens mit großem Abstand am besten zu Brahes Messdaten passt und drittens die zuverlässigsten Prognosen erlaubt.
Auch in vielerlei anderer Hinsicht ist Keplers Astronomia Nova bemerkenswert.
- Er äußert die Vermutung, dass Ebbe und Flut etwas mit dem Mond zu tun haben könnte.
- Er verwirft die traditionelle Vorstellung von kristallinen, undurchdringlichen Äthersphären.
- Ferner vermutet er, dass die Ursache für die Bewegung der Erde und der Planeten die Sonne ist. Dazu stellt er die Theorie auf, dass von der Sonne eine Art magnetische Kraft ausgeht, die die Himmelskörper auf ihre Bahnen zwingen würde. Hierbei war er inspiriert von einer Idee des englischen Naturforschers William Gilbert, der im Jahre 1600 ein Buch über den Magnetismus veröffentlicht hatte.
Bezogen auf seine Idee, dass die Planeten durch einen angenommenen Magnetismus der Sonne auf ihre Bahnen gezwungen werden, ist noch ein Aspekt bemerkenswert[5]. Während bisher immer seelische Begriffe zur Erklärung von Himmelsbewegungen verwendet wurden, gebraucht Kepler erstmals das mechanistische Wort „Kraft“ (lateinisch „vis“). Insgesamt war er also schon sehr nah an der Vorstellung, die wir uns heute vom Sonnensystem machen.
Dennoch nahmen zunächst verhältnismäßig wenige Wissenschaftler Notiz von Keplers Buch. Dazu kam, dass es von einem sehr spektakulären Ereignis überschattet wurde. Im Jahr der Veröffentlichung von Astronomia Nova, also 1609, wurde der Nachthimmel erstmals mit Fernrohren beobachtet. Walter Hehl vergleicht dieses Ereignis mit dem ersten Flug zum Mond 1969. Das Weltall rückte ein Stück näher an die Menschheit heran. Galileo Galilei gehörte zu diesen Fernrohr-Pionieren und veröffentlichte 1610 seinen Siderius Nuncius (dt. Sternenboten), ein Büchlein mit einer Reihe von Zeichnungen, die die Himmelskörper in einer noch nie dagewesenen Weise abbildeten: die Mondoberfläche mit Bergen und Tälern, detaillierte Darstellungen der Fixsterne, sowie die vier größten, gerade erst entdeckten Jupitermonde.
Zeichnungen zu bewundern ist leichter als sich mit komplexen mathematischen Theorien zu beschäftigen. Es ist also nicht erstaunlich, dass sich die astronomisch interessierte Öffentlichkeit Galileis Siderius Nuncius zuwandte, und Keplers Astronomia Nova weitgehend unbeachtet ließ.
Die Krönung von Keplers Arbeit kam aber erst noch. 1618 entdeckte er das sogenannte Dritte Keplersche Gesetz: Die Quadrate der Umlaufzeiten der Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen ihrer mittleren Sonnenentfernung. Anders formuliert:
(Umlaufzeit des Planeten X)² ~ (mittlere Entfernung von X zur Sonne)³
Im Sonnensystem findet sich also eine Beziehung zwischen der Zahl 2 und der Zahl 3. Nun entspricht das Verhältnis 2:3 musiktheoretisch der Quinte. Wie wichtig Quinten in der Musik sind, sieht man beispielsweise daran, dass Geigen in Quinten gestimmt sind.
Mit diesem Gesetz hat Kepler also das gefunden, wonach er sein Leben lang gesucht hat: den mathematischen Schlüssel zur Harmonie des Kosmos.
Nachfolgend eine Auswahl von Werken, die Kepler verfasst hat:
- Mysterium Cosmographicum, veröffentlicht 1596.
- De Stella nova in pede serpentarii, et qui sub ejus exortum de novo iniit, veröffentlicht 1606, über die Supernova von 1604, dt.: Vom neuen Stern im Fuße des Schlangenträgers.
- Astronomia Nova, veröffentlicht 1609.
- Dioptrice, veröffentlicht 1611, über die Dioptrik des Auges und physikalische Optik.
- De nive sexangula 1611. Kepler beschreibt hier, welche natürlichen Kräfte die regelmäßigen geometrischen Strukturen von Schneeflocken bewirken.
- Harmonices mundi libri V(„Fünf Bücher zur Harmonik der Welt“, veröffentlicht 1619. Darin schreibt er unter anderem über das Dritte Keplersche Gesetz, das er am 15. Mai 1618 entdeckt hatte.
- Epitome Astronomiae Copernicanae, veröffentlicht 1618-1621. Dies sollte ein Lehrbuch für Keplers neue Astronomie sein; es enthält auch das Dritte Keplersche Gesetz.
- Die Rudolfinischen Tafeln, Auf der Grundlage von Tycho Brahes Messdaten erstellte Tabellen, sowie Rechenvorschriften für die Erstellung von astronomischen Prognosen. Hat den Rang eines allgemeinen astronomischen Standardwerks.
- Somnium, geschrieben 1608, veröffentlicht postum 1634. Einer der ersten Science-Fiction-Romane über einen Flug zum Mond und was es dort zu sehen gibt. Dt.: Traum.
Bemerkenswert ist auch seine optische Arbeit, weil hier das erste Mal die Funktionsweise des Auges korrekt beschrieben worden ist, sowie die Ursachen für Kurz- und Weitsichtigkeit. Ferner konnte er die Brille und die Lupe erklären. Außerdem entwarf er einen Bauplan für das sogenannte astronomische Fernrohr, das erstmals von dem Jesuiten Christoph Scheiner um 1613 hergestellt wurde. Dieses Teleskop hatte im Vergleich zu Galileis Fernrohr ein größeres Gesichtsfeld und war überhaupt leistungsstärker, so dass es sich im Laufe der Jahre seinen Vorgänger verdrängte.
Schließlich noch ein paar Worte zu seinem Buch Somnium (dt. Traum), das Kepler 1608 verfasste, also noch bevor Galilei das Fernrohr zur Himmelsbeobachtung benutzte, das aber erst postum 1634 veröffentlicht wurde. Es ist einer der ersten Science-Fiction-Romane und beschreibt eine Reise zum Mond. Erstaunlicherweise nimmt er viele Details des tatsächlichen Flugs zum Mond vom 20. Juli 1969 vorweg. Nur sehr gesunde, junge Menschen werden in Keplers Roman für die gefährliche Fahrt ausgewählt. Der Start wird als besonders heftig beschrieben. Nachdem die Reisenden auf dem Mond gelandet sind, schildert Kepler sehr zutreffend die physikalischen Umstände auf dem Mond. Ein Tag auf dem Mond dauert einen Monat, weil die Sonne auf dem Mond nur zwölf Mal im Jahr untergeht. Ferner beschreibt er Mondlandschaften mit Bergen und Tälern, immerhin ein Jahr bevor Galilei dergleichen mit seinem Fernrohr tatsächlich auf dem Mond sehen konnte. Vom Mond aus gesehen steht die Erde riesengroß am Himmel. Sie rotiert zwar um die eigene Achse, aber sie steht am Mondhimmel immer an derselben Position. Somit gibt Kepler, wenngleich fiktiv, eine der ersten Beschreibungen davon, wie man die Erde vom Weltall aussieht. Seine Absicht ist, unseren irdischen Glauben daran zu relativieren, dass die Erde unbeweglich im Zentrum des Universums steht, und somit das heliozentrische Modell plausibel zu machen. Dass es keine Atmosphäre auf dem Mond gibt, weiß Kepler allerdings noch nicht. So begegnen die Reisenden einer menschenähnlichen Mondkultur. Immerhin erschafft Kepler so die Idee von Außerirdischen.
Kepler gilt heute mit Recht als einer der großen Persönlichkeiten der modernen Physik. Seine überragende Leistung besteht darin, ein heliozentrisches Modell elliptischer Planetenbahnen entworfen zu haben, das erstens mathematisch deutlich einfacher war als alle bisherigen Systeme und zweitens auch noch präziser.
Das ist auch der wesentliche Grund, warum sich Kepler gegenüber Ptolemäus durchgesetzt hat. Es lag letztlich nicht daran, dass das heliozentrische Modell „wissenschaftlicher“ oder „wahrer“ als das geozentrische Modell ist, wie man heutzutage oft hört. Es liefert schlicht bessere Prognosen und war einfacher handhabbar.
Das Merkmal der Astronomie seit der Antike war, dass sie eine naturphilosophische Komponente und eine mathematisch-empirische Komponente. Die Naturphilosophie, egal ob platonisch oder aristotelisch geprägt, gab vor, wie die Dinge zu sein hatten: Himmelssphären mussten gleichförmige Kreisbewegungen machen, die Erde musste im Zentrum stehen und dergleichen. Dafür hatten die Philosophen unumstößlich erscheinende Argumente. Die Mathematiker hingegen entwarfen hypothetische Modelle, um möglichst gute Prognosen zu machen; und diese Modelle wurden nach und nach verfeinert, ohne aber je einen Anspruch auf absolute Gewissheit zu haben. Zu dieser Art von Wissenschaftlern gehörte Ptolemäus, aber auch Kopernikus.
Kepler hingegen wollte nicht nur ein gutes Berechnungsmodell, sondern auch eine neue naturphilosophische Erklärung für das Himmelsgeschehen. Aufgrund der Beobachtung von Kometen, war die bisherige Theorie von Planeten tragenden Äthersphären unhaltbar. Was sollte aber stattdessen die Planeten bewegen? Und wenn es nichts gab, das sie trug, warum stürzten sie dann nicht umgehend auf die Erde? Diese Fragen werden fünfzig Jahre später durch Isaac Newton befriedigend beantwortet.
Bei meiner Darstellung von Kepler war mir wichtig, den Punkt Mathematisierung der Natur hervorzuheben. Geometrische, mathematische Strukturen spürte er auf im Kosmos, in der Optik und auch in der Gestalt von Schneeflocken. Es ist auf der Hand liegend, dass er die Mathematik nicht nur als ein Werkzeug auffasste, um Beobachtungen zu beschreiben; vielmehr glaubte er, damit einen Blick in den Bauplan von Gottes Schöpfung erhaschen zu können. In den mathematisch-geometrischen Strukturen meinte er den immanenten Wesenskern der Wirklichkeit zu erschauen.
[1] De Padova: Das Weltgeheimnis, S. 166.
[2] Simonyi: Kulturgeschichte der Physik, S. 190.
[3] Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes, S. 338.
[4] Simonyi: Kulturgeschichte der Physik, S. 191.
[5] Siehe auch Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes, S. 345 f.
Was ich nicht nachvollziehen kann ist, dass Kepler 1609 in “Astronomia Nova” die elliptischen Umlaufbahnen der Planeten beschrieb und 1613 das Heilige Offizium die Lehre von Galilei als ketzerisch verurteilte. Kannte man in Rom Kepler nicht?
Die Kirche hatte keine Problem mit dem heliozentrischen Weltbild, solange es als bloß hypothetisch angenommen wurde. Etwa 1550 erschien ja das Werk von Kopernikus, in dem bereits mehr als ein halbes Jahrhundert vor Kepler und Galilei ein heliozentrisches Weltbild erörtert wird. Und bis Galilei hatte die Kirche mit Kopernikus’ Werk kein Problem. Warum? Weil es im Vorwort als bloß hypothetisches Berechnungsmodell vorgestellt wurde. Die Kirche hatte weniger mit dem heliozentrischen Weltbild als solchem ein Problem, sondern mit dem Anspruch Galileis, eine absolute Wahrheit zu verkünden. Galilei war sehr anmaßend und behauptete, dass das heliozentrische Weltbild nicht nur eine Hypothese ist, sondern 100%ig wahr ist. Die Kirche hingegen nahm diese Annahme eines absolut wahren naturwissenschaftlichen Wissens für ketzerisch. Zumal es damals um 1600 alles andere als klar war, dass das heliozentrische Weltbild wirklich wahr ist. Tycho Brahe sympathisierte zunächst damit, verwarf es aber später aufgrund von schwerwiegenden physikalischen Problemen, die damit verbunden sind. Und das Argument, das Galilei ins Feld führte, als angeblich unumstößlichen Beweis für die Richtigkeit des heliozentrischen Modells, gilt heute als widerlegt und komplett falsch. Die Kirche hat definitiv ein Verbrechen begangen, als Giordano Bruno 1600 als Ketzer verbrannt wurde, weil er behauptet hatte, dass das Universum unendlich groß ist. Aber bezogen auf Galilei, muss man sagen, dass die Kirche weniger wissenschaftsfeindlich war, als ihr immer unterstellt wird. Dazu mehr in meinem nächsten Beitrag.
“Gott” taucht im Artikel häufig auf. Dabei wird Gott in der Einzahl gedacht. Ist es sinnvoll, Gott in der Einzahl (monotheistisch) zu denken?
Heute will nahezu jeder Gott in der Einzahl denken. Allgemein wird dies Monotheismus bezeichnet, da ergeben sich allerdings echte Zwickmühlen:
Frage 1: Geht es in den Religionen Judentum, Christentum und Islam WIRKLICH um Monotheismus?
Da bin ich mir nicht so ganz sicher – und es ergeben sich aus dieser Annahme auch unauflösbare Konflikte. Wenn ich mir die hebräische Auslegung betrachte:
„….und die Elohim (Götter) sprachen, lasst UNS Menschen machen, ein Bild, dass UNS gleich sei….“ -> da ist von Mehrzahl die Rede.
Gebot Nr. 1: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ -> da steht, dass es viele Götter gibt.
2.: Großes Dilemma
Wir befinden uns im Dualismus, sodass wir in den Kategorien Gut und Böse denken. Wer strikt monotheistisch denkt, muss auch einsehen, dass dann Gott und Satan zwingend identisch sind, siehe Altes Testament der Bibel:
2. Samuel 24,1-21
Wieder richtete sich der Zorn des HERRN gegen Israel. Er veranlasste David dazu, seinem Volk zu sagen: Geht und zählt Israel und Juda. Der König [=David] sprach zu seinem Heeresführer Joab: Reise durch die Stämme Israels von Dan bis Beerscheba und zählt das [kriegsfähige] Volk. Ich möchte wissen, wieviele es sind.
Chronik 21,1-2
Und Satan richtete sich gegen Israel und reizte David dazu, Israel zu zählen. Daraufhin sprach David zu Joab und zu den führenden des Volkes: Reist durch Israel von Beerscheba bis Dan und berichtet mir, wieviele es sind.
Es ergibt sich im Rahmen einer monotheistischen Denkweise stets die Falle, dass Gott gut und böse gleichzeitig ist.
Kann Jesus der Erlöser sein?
Jesus ist gemäß dem NT (Offenbarung 22,16) der Morgenstern. Allerdings sind auch die Gestalten Luzifer, Horus und Eosphoros / Phosphoros der Morgenstern (Abendstern).
Es ergeben sich unauflösbare Zwickmühlen und Jesus KANN definitiv KEIN Erlöser sein ->
https://www.mythologie-antike.com/t23-gott-eosphoros-phosphoros-lichttrager-lichtbringer-morgenstern